Die Einführung des Tees in
Ostfriesland: Die Nähe zu den Niederlanden und die Schifffahrt sind
der Grund für die schnelle Einführung des neuen Produktes "TEE", der
1610 zum ersten mal in Europa angelandet wurde. Die ostindische
Kompanie brachte den ersten Tee von Japan auf ihren Schiffen mit.
Die ersten Teelieferungen nach Ostfriesland lassen sich nicht genau
feststellen, aber eine der frühesten Nachrichten über Tee in
Ostfriesland liegt aus der Stadt Leer vor. Dort weigerten sich 1675
Kaufleute, Waagegeld für nicht verzeichnete Waren zu entrichten, mit
welchen Tee, Kaffee und Tabak gemeint waren.
Bevor der Tee Ostfriesland eroberte, war das Bier die allgemeine und
viel Unheil stiftende Volksnahrung. Es wurde in fast jedem Dorf
gebraut und als Nahrungsmittel weit verbreitet. Kein Wunder, dass
Feinde berauschender Spirituosen das fernöstliche Kraut als
Lebenselixier hoch priesen. Tee wurde sogar in Kirchengesängen in
jener Zeit gelobt.
Die Einführung gelangte zuerst zu den betuchten Ostfriesen, denn das
östliche Kraut war, weil die ostindische Kompanie ihre
Monopolstellung ausnutzte und den Tee über Apotheken und Mediziner
verkaufte, "sündhaftteuer". Schon im Jahr 1699 wurde im
Nachlassinventar der Fürstin Christine-Charlotte (aus Würtenberg)
neben einem Buch über Tee "geistlich- und himmlischer Teegebrauch"
1697 Teetische und Zubehör aufgeführt.
Teekochen - die Alternative zu schlechtem ostfriesischen Wasser: Das
Wasser spielt, wie bei allen Tee Sorten, heute wie damals eine
wichtige Rolle in der Zubereitung des Tees. Die Wasserversorgung in
den ländlichen Gebieten Ostfrieslands war bis vor wenigen
Jahrzehnten ein großes Problem, gerade in gesundheitlicher Hinsicht.
In den Moorgegenden war das Wasser durch seine organischen Stoffe
oft ungenießbar, ebenso auch in der Marsch, wo über hartes und
salziges Grundwasser geklagt wurde. Das Regenwasser war eine der
Methoden, gutes Gebrauchswasser zu erhalten. Das Abkochen des
Wassers zur Teezubereitung löste auf einen Schlag die Genießbarkeit
des Wassers.
Daneben gibt es Gutachten, in denen auf das Klima hingewiesen wird.
Das ostfriesische Klima ist ausgezeichnet durch die relativ starke
Bewegung und Feuchtigkeit der Luft. Um einen Ausgleich zur hohen
Luftfeuchtigkeit zu erhalten, wurde neben fetter gehaltsvoller
Nahrung die Zuführung von Heissgetränken favorisiert. Tee ist nicht
nur geeignet durch seine allgemein anregende Wirkung, sondern schütz
auch vor erkältungsbedingten Witterungseinflüssen.
Teetrinken - ein Stück ostfriesische Lebensqualität: Doch gerade die
Lebensart der Menschen in Ostfriesland hat die Teekultur bestimmt,
schon in der ersten Hälfte des 19 Jahrhunderts gab es
Teegesellschaften und Teeempfänge! Seit dem 19.Jahrhundert ist das
Teetrinken ein fester Bestandteil des ostfriesischen Charakters.
In und nach den Kriegsjahren litten die Ostfriesland grosse Not, da
sie kaum Tee zur Verfügung hatten. Mit den wenigen Gramm, die ein
Erwachsener erhielt, wurde sehr sparsam gewirtschaftet. Es gab
erfinderische Leute, die den Teetrinkern durch Beigabe von allerlei
artfremdes Kraut den Genuss verlängern wollten, doch war und ist die
Vorliebe der Menschen ungebrochen. Es gab Zeiten, da waren Gerüchte
im Umlauf, dass die Menschen in der Region ihr Hab und Gut für ein
paar Gramm Tee hergeben würden. So bluehte damals der Schwarzmarkt.
Und der Spruch hatte wieder Bedeutung: "Heb wie kein Tee mööt wie
starben...", auf hochdeutsch: "Haben wir keinen Tee müssen wir
sterben", und dieser Spruch gilt heute wie damals.
Alles rund um die ostfriesische Teestunde: Die Teezubereitung in der
klassischen Methode wird in jedem ostfriesischem Haushalt
zelebriert. Der Stolz der Hausfrau ist immer Ihr Treckpott
(Teekanne), an diesen lässt sie niemanden ran! Der Besucher in einem
solchen Haushalt sollte sich geehrt fühlen, wenn Ihm eine solche
Aufforderung wie: "Set die man ebenen heen, ick mock eben een Tass
Tee!!", auf hochdeutsch "Setz dich ein Weilchen ich, mache dir eine
Tasse Tee." Für eine echte ostfriesische Teestunde gibt es am Tag
viele Gelegenheiten, die Menschen in der Stadt Leer trinken
mindestens 5-6 mal am Tag Tee: Morgens ca. 6 Uhr, zum Frühstück um
7-8 Uhr, am Vormittag, am frühen Nachmittag und am Abend und oft
noch vor dem Schlafengehen. Die anregende Wirkung des Koffeins ist
allzeit im Körper spürbar! _Folgende Utensilien benötigt man für
eine ostfriesische Teestunde: Waterkedel - Wasserkessel Teebürss -
Teedose Teedöpsel - Teemass Treckpot - Teekanne Teestov - Stövchen
Tee - Feine Echte Ostfriesenmischung = Tees aus Assam - Ceylon -
Darjeeling Kluntje - dicker weisser Kandis Koppkes - Teetassen aus
wunderbar dünnem Porzellan Rohm - frische Sahne Rohmleepel -
gebogener Sahnelöffel Das frische kalte Wasser wird zum Kochen
gebracht. Die Teekanne muss heiss ausgespült werden. Dann den Tee
lose in die Teekanne geben, ca. 2-3 Teemass für eine 3/4 Ltr. Kanne.
Mit dem Wasser, welches jetzt eine Temperatur gerade unter dem
Siedepunkt hat, die Teeblätter gut bedecken und dann auf das
Stövchen setzen und ca. 5 Minuten ziehen lassen.
In die Teetasse kommt jetzt ein dickes Stück Kandis (so gross wie
ein Schleifstein). Danach wird soviel Wasser aufgegossen, wie man
Tassen ausschenken will. Das Knistern des Kandis ist die schönste
Melodie! Die Sahne wird jetzt mit dem Sahnelöffel vorsichtig an den
Tassenrand gesetzt und die Sahne gleitet am inneren Tassenrand in
den Tee und steigt als Wolke wieder auf den Tee.
Getrunken wird in drei Ebenen: erst die süsse Sahne, dann der herbe
Tee und als letztes die Süsse des Kandis.
Abgegossen wird nicht alles, sondern das Teeblatt wird noch einmal
aufgegossen, bei einer dritten Tasse gibt eine gute Hausfrau noch
ein Teemass zur Kanne dazu, um so einen guten dritten Aufguss zu
bekommen.
Umgerührt wird nicht, Löffel liegen in einem Löffelkörbchen auf dem
Tisch. Und erst nachdem jemand genug hat, nimmt er sich den Löffel,
stellt ihn in die Tasse, um damit zu zeigen, dass es einem reicht.
Die Hausfrau schenkt dann nicht mehr nach.
Es gehört eine Menge Erfahrung, viel Fingerspitzengefühl und Liebe
zum Detail dazu, alles dieses in Harmonie und Ruhe zu zelebrieren.
Im normalen Alltagsleben sieht es so aus, dass die Zubereitung sich
auch dort vereinfacht hat, nur bei der Teequalität gibt es keine
Kompromisse.
Heute gibt es in den meisten Haushalten moderne Teekannen, die durch
ihre Doppelwand-Struktur gut warm halten .Der lose Broken - Tee wird
in ein Filtertütchen gegeben, die Ziehzeit bei diesem Produkt ist
mit 3-5 min ideal. Ansonsten wird genauso verfahren wie bei der
klassischen Methode.
Was zum Ostfriesentee
gehört: Eine Ostfriesische
Teespezialität zum Jahreswechsel: Rullerkes:
Teegeschichten aus Ostfriesland: Es ist Winter,
und die kalte rau Zeit zieht in das Land am Meer. Die Menschen
rücken wieder mehr zusammen - in den Dörfern und auf den Warften in
Ostfriesland ist es die Zeit der Feste. Hier in der Nähe zum Wasser
wurden große Festlichkeiten und besondere Gelegenheiten zum Feiern
nach Möglichkeit in die Wintermonate gelegt. Denn dann waren die
Seeleute und Schiffer mit ihren Kähnen und Schiffen im Hafen, sie
lagen vor Eis bis zum Tauwetter im Frühjahr.
Zu dieser Jahreszeit gehören auch viele Spezialitäten, die es so nur
in Ostfriesland gibt! Eine davon ist der Neujahrskuchen, auf
plattdeutsch "Rullerkes" genannt. Zubereitet wird er jedoch ab Mitte
November, und obwohl es die Ostfriesen heftig bestreiten, ist der
Neujahrskuchen gar kein Kuchen, sondern eine Mischung aus Waffel und
Hippe. Und die Bezeichnung "Rullerkes" kommt vom Drehen der flachen
Waffel nach dem Backen zu einer Trichterform oder einem langen,
hohlen Röllchen.
Waffeleisen & Rullerkes: Die Ostfriesen waren nicht mit Reichtümern
gesegnet, und doch wollten sie auch gerade zur Winterzeit ihrem
Besuch etwas Besonderes bieten, die Rullerkes. Jede Familie hatte
ihr Neujahrskucheneisen, welches vom Dorfschmied hergestellt wurde.
Oft verzierten Monogramme und Motive die etwa Kuchenteller grossen
Eisenscheiben mit langem Stiel. Diese Eisen wurden in den offenen
Kamin oder auf den Ofen gelegt.
Typisch waren diese Monogramme bei jungen Paaren. Beispielsweise bei
einem Eisen aus dem Jahr 1852, hergestellt von einem Dorfschmied aus
Bunde für ein junges Brautpaar zum ersten gemeinsamen
Weihnachtsfest.
Backen und Teetrinken - ein Winternachmittag: Heute hat fast jede
ostfriesische Hausfrau ihr spezielles elektrisches Eisen. Es wird
erzählt, das in manchen Dörfern um diese Jahreszeit regelmäßig der
Strom ausfiel, weil gleichzeitig alle Hausfrauen die elektrischen
Waffeleisen benutzten. Das Backen und Rollen dauerte oft 4-5 Stunden
und länger, da fast immer für Familienmitglieder mit gebacken wurde
und auch manche Waffel in dieser Zeit verzehrt wurde.
Natürlich darf bei der Zubereitung nicht die ostfriesische
Teezeremonie fehlen -ein Stövchen auf dem Tisch, eine Kerze und der
duftende Tee laden zu einem langen gemütlichem Beisammensein ein.
Das Aufbewahren der Rullerkes ist natürlich genauso wichtig,
beispielsweise in einer großen Teedose oder in einer "Melkboom"
(Milchkanne). Trifft sich die Familie zum Teetrinken, wird das
Gebäck dann etwas stilvoller gereicht: mit frisch geschlagener Sahne
und Branntweinrosinen oder mit etwas Zimt.
Die Spezialitäten in der Region Ostfriesland werden fast alle aus
einfachen landestypischen Zutaten hergestellt. Torte oder auch
anderes Gebäck ist hier nicht so verbreitet wie die Rullerkes.
Rullerkes und Schnaps zum Neujahrstag: Beim "Neujahrslaufen" geht
man von Haus zu Haus und "winnt" seinen Nachbarn das Gute, die guten
Wünsche für das neue Jahr. Jeder bekommt dann einen Schnaps
eingeschenkt und die Schale mit den Neujahrskuchen wird gereicht.
Natürlich müssen dann auch die "Rullerkes" der Hausfrau gelobt
werden, und in fast jedem Haushalt wird über die Zubereitung der
Neujahrskuchen gefachsimpelt.
Das eigenes Rezept.: Jede Familie hat ihr ganz spezielles Rezept, in
jedem Haushalt schmeckt diese Spezialität anders. Die Rezepte sind
in der Familie immer von Mutter zur Tochter oder Schwiegertochter
weitergegeben worden, jede schwört auf ihre Zutaten und Handhabungen
in der Zubereitung.
Dazu passende Rezepte
finden Sie hier in unseren Webseiten. |